Im Gespräch über den Lebensraum Wald – Teil 1

In einer zweiteiligen Interview-Serie hat VidekMensch und Region Lisa Münzer zum Thema Lebensraum Wald und Waldpädagogik befragt. Wir dürfen den Beitrag – Teil 1 – hier für euch teilen!

Videk: Lisa, du bist gelernte Waldpädagogin und machst gerade die Ausbildung zur Kräuterpädagogin. Wie bist du zu diesen Ausbildungen gekommen?

Dass das Thema Wald mein Steckenpferd ist, wurde mir während meiner Jagdausbildung immer klarer. Das führte mich auch dazu, eine Ausbildung als Waldpädagogin zu machen. Zur gleichen Zeit studierte ich auch Erwachsenen- und Weiterbildung im Masterstudium an der Karl Franzens Universität in Graz, wo mein Schwerpunkt auf Umweltbildung lag. Nach dem erfolgreichen Abschluss als Waldpädagogin, konnte ich die ersten “Berufserfahrungen” sammeln. Schnell wurde mir klar, dass ich mein Wissen erweitern möchte und weitere Ausbildungen zum Thema Wald und Umwelt besuchen. So führte mich eines zum anderen und ich begann eine Ausbildung als Kräuterpädagogin.  Weiters freue ich mich nun auch Berg- und Naturwächterin zu sein. 

Videk: Was genau sind deine Aufgaben als Waldpädagogin und was ist das besondere an deinem Beruf?

Ich als Waldpädagogin schaffe eine Verbindung zwischen den Menschen und dem Wald. Dabei geht es mir vor allem darum, ein Bewusstsein für die Ökosystemleistungen des Waldes und seine damit verbundene ökonomische, ökologische und soziale Bedeutung zu schaffen. Je nach Zielgruppe gibt es ein breites Spektrum an möglichen Inhalten. Dies beginnt im Kindergarten, wo es in erster Linie darum geht, den Wald mit allen Sinnen spielerisch kennenzulernen und zu erkunden. Bis zu Schulkindern, bei denen es bereits um Wissensvermittlung zu ökologischen Zusammenhängen, natürlichen Abläufen und dem Wald als Lebensraum geht.

Da ich ja auch Erwachsenenbildnerin bin, ist das eine für mich ebenfalls sehr spannende Zielgruppe. Hier kann man verschiedenste Angebote setzen. Das geht von an Waldbaden angelehnte Inhalten und Angeboten über den Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung bis hin zur Schaffung von Verständnis für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und dessen Wichtigkeit bzw. Vorteile.

Videk: Was braucht eigentlich ein Wald, um natürlich wachsen zu können?

Betrachten wir einen zukunftsfitten Wald und den Wald im Klimawandel, so können wir die aktuelle Klimaveränderung als eine große Herausforderung für unsere Wälder und heimische Forst- und Holzwirtschaft erkennen. Der Wald bewegt sich in einem Spannungsfeld und nimmt in der Diskussion eine besondere Position ein. Österreichische Wälder und Böden nehmen CO2 aus der Luft auf – rund eine Milliarde Tonnen Kohlenstoff – und reinigen unsere Atemluft. Außerdem stellt er erneuerbaren Energie- und Werkstoff zur Verfügung. Gleichzeitig tut sich das komplexe Ökosystem Wald jedoch schwer, sich selbst an die veränderten Gegebenheiten anzupassen.

Eine Fichten-Monokultur wie sie sich kein Naturfreund wünscht.

Der Wald steht vor vielen problematischen Veränderungen. Dazu gehören unter anderem die Veränderung der Niederschlagsmuster, extreme Wetterereignisse, hohe Temperaturen, sowie ein vermehrtes Auftreten von schädigenden Insekten und Krankheiten. Auf die Frage, wie der Wald unterstützt und zukunftsfit gemacht werden kann, gibt es nur eine Antwort: eine aktive, nachhaltige und naturnahe Waldbewirtschaftung. Die in Zukunft noch notwendigere Widerstandsfähigkeit kann durch gezielte Maßnahmen, wie die Anpassung der Baumarten bzw. das Berücksichtigen natürlicher Waldgesellschaften, eine gezielte Förderung von Mischwäldern sowie einer bodenschonenden Bewirtschaftung, gestärkt werden.

Monokulturen kommen in der Natur, so wie wir sie heute oft sehen, nicht vor. Es geht vor allem darum, dass die Wälder eine ökologische und physikalische Stabilität haben, dies ist nur mit einer standorttypischen Mischkultur möglich.

Lisa Münzer

Mit naturnahe Waldwirtschaft meine ich einen Waldbau, der eine klare Naturnähe und Standortbezug hinsichtlich der Baumartenwahl hat und ein Mischwald ist. Monokulturen kommen in der Natur, so wie wir sie heute oft sehen, nicht vor. Es geht vor allem darum, dass die Wälder eine ökologische und physikalische Stabilität haben, dies ist nur mit einer standorttypischen Mischkultur möglich. Der Schwerpunkt in Bezug auf Waldverjüngung liegt bei einer naturnahem Bewirtschaftung meist bei einer natürlicher Verjüngung. Das bedeutet, dass sich am Standort natürlich vorkommende Bäume durch Samenflug und -aufschlag oder eine vegetative Vermehrung verbreiten.

Mischwälder hingegen halten Wetter- Schädlings- und Klimabedingte Stressituationen viel besser aus.

Videk: Wie können wir uns die ökologischen Zusammenhänge im Wald vorstellen?

Das Ökosystem Wald ist in erster Linie Lebensraum. Dieser lässt sich typischerweise in Schichten bzw. Stockwerke unterteilen. 

Zur Wurzelschicht gehört alles, was wir unterirdisch, also im Boden finden.  Hier sind die Bäume, Sträucher und andere Pflanzen mit ihren Wurzeln verankert. Sie stabilisieren so den Wald und bieten einer Vielzahl von Kleinlebewesen einen Lebensraum. Dazu zählen neben Bakterien und Pilzen auch Insekten, Regenwürmer, Mäuse, Feldhamster und Maulwürfe. 

Moose, Flechten, Farne und Pilze sind typisch für die Moos- und Krautschicht.

In der Moos- und Krautschicht finden wir für den Waldtyp charakteristische Moose, Flechten, Farne, Pilze und andere Pflanzen wie Gräser, Kräuter oder Blumen. Hier sind auch die meisten Insektenarten zu finden. Diese Schicht bietet u.a. Ameisen, Käfern, Spinnen, Schlangen, Füchsen, Hasen und Rehen einen Lebensraum. 

Darüber schließt fließend die Strauchschicht an, welche aus Sträuchern, Büschen und Jungbäumen entsteht. Hier leben vor allem viele brütende Vögel, aber auch Schmetterlinge und Hirsche.

Die Baumschicht ist die oberste Waldetage und schließt den Wald nach oben hin. Je nach Baumartenzusammensetzung sorgt das Blätterdach für Schatten im Wald. Die Dichte der Baumkronen ist entscheidend für die Qualität von Licht und Wasser, welche die restlichen, unterhalb liegenden Schichten erreicht. Auch die Baumschicht bietet einen Lebensraum, für diverse Kletterpflanzen, Vögel, Eulen und kletternde Tiere wie dem Eichhörnchen.

Über Videk
Videk ist ein Herzensprojekt und im Südburgenland zuhause. Cathrin und René haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Betriebe und ihre Produkte, die Menschen die dahinterstehen und die gesamte Region „der Welt näher zu bringen“. Neben regionalen Beiträgen schreiben sie auch über Themen aus den Bereich Nachhaltigkeit, Umwelt und Lebensmittel. Vorbeischauen lohnt sich!

Wir bedanken uns bei Videk für das Interesse am Thema Wald und das nette Interview!